Taxis lauern überall

„Fliegenpilze! Löwen!! Das Leben ist gefährlich.“ So lautet ein bemerkenswertes Zitat von Max Goldt. „Taxis!!!“, möchte ich hier ergänzen. Denn heute vor einem Jahr brach ich mir beim Versuch, ein solches zu besteigen, ein Bein. 138 Tage später stand ich auf dem Stetind (s.o.). Wie es dazu kam, könnt ihr in meinem Bericht „Keine Mücken, keine Elche“, der Anfang des Jahres im Magazin „klettern“ erschienen ist, nachlesen. Und der ist hier.

… wem Ehre gebührt!

Der norddeutsche Altmeister Richard Goedeke wird im nächsten Jahr 80. Unfassbar, wie vital und engagiert dieser Mann auch am Beginn seines neunten Lebensjahrzehnts daherkommt. Ich hatte die große Freude, im jetzt erschienen Alpenvereinsjahrbuch „Berg 2019“ ein kleines Porträt über ihn verfassen zu dürfen. Hier kann man es bestellen.

Drei Bullis und Erika

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Mein Freund Heri ist älter als ich. Scheint kaum möglich zu sein, ist aber so. Ich darf ihn seit Kurzem „Alt-68er“ nennen. Er hat, wie ich, als Fünfzehnjähriger mit dem Klettern begonnen. 1966 war das, in der Eifel. Nicht schön, aber dafür kann er ja nichts.

1971 war er als Teilnehmer bei der „Kölner Hindukusch-Expedition“ dabei. Hat der DAV organisiert. Kein Witz. Sie waren zu zehnt. Neun Männer und eine Frau. Erika. Sie wurde in eine rosafarbene Daunenjacke gesteckt, die etwas zu groß war, musste während der gesamten Expedition als einzige keinen Rucksack tragen und war im Besitz eines schlecht sitzenden roten Bikini-Oberteils. Spielt zwar keine Rolle, aber man konnte das in dem Super-8-Filmchen sehen, das von der Expedition gedreht wurde.

Sie fuhren in Köln mit drei gebraucht gekauften VW-Bullis los. Ein blauer, ein roter, ein gelber. Praktisch. Konnte man sie auf jeden Fall nicht verwechseln. Der gelbe gehörte vorher der Deutschen Bundespost. Gibt’s heute auch nicht mehr. Die Hinfahrt dauerte einen Monat. Sie sind über die Balkanroute in die Türkei, durchs wilde Kurdistan in den Iran und über Afghanistan nach Pakistan. Muss man sich heute mal vorstellen. Ab und zu sind sie in den Graben gefahren oder hatten einen Platten. Passiert schon mal. Oder sie haben sich verloren, weil einer der Bullis nach Aserbaidschan abgebogen ist und es erst sehr spät gemerkt hat. Sie konnten ihn auch nicht anrufen, weil es im aserbaidschanischen Grenzgebiet keine Telefonzellen gab. Und, ach ja, Handys hatten sie auch irgendwie keine.

In Afghanistan waren sie kurzzeitig überrascht, dass sie von den verschleierten Frauen, die am Wegesrand saßen, mit Steinen beworfen wurden. Okay, vielleicht hätten sie sie nicht fotografieren sollen. Sie haben Träger organisiert, die ihre Klamotten in die Buni-Zom-Gruppe geschleppt haben. Buni Zom – kennt kein Mensch. Als sie in ein Dorf kamen, gab es eine Schlägerei zwischen den Dorfbewohnern und ihren Trägern, weil die Dorfbewohner auch Lust bekommen hatten, die Sachen weiterzuschleppen.

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In der Buni-Zom-Gruppe  haben sie Vermessungen vorgenommen, weil es davon noch keine Karten gab. Und dann noch ein paar Berge erstbestiegen. Mit Erika. Den Awi Zom zum Beispiel. Der ist 6484 Meter hoch. Von dort hatten sie einen schönen Blick auf den Tirich Mir. Das ist der höchste Berg da in der Gegend. Der Ausblick entschädigte auf jeden Fall für die Mühen des Aufstiegs, da waren sich alle einig.

Nachdem sie fünf Wochen da herumgekraxelt waren und alles genau vermessen hatten, sind sie mit ihren Bullis wieder nach Köln gefahren. Die gleiche Strecke wie auf der Hinfahrt. Hat auch wieder einen Monat gedauert. Die Bullis haben sie dann in Köln wieder verkauft. Brauchten sie ja nicht mehr.

Ich werde morgen beim Alpenverein anrufen und fragen, ob sie mir auch mal einen Bulli geben. Zum irgendwo hinfahren. Jetzt, wo sie wegen Olympia so viel Geld haben, müsste das doch eigentlich möglich sein.

(Fotos: Archiv Heribert Hoven)